Beziehung und Finanzen: "Schatz, wie hoch ist dein Gehalt?"
Das hast du noch nie gefragt? Dann bist du nicht allein: Nach wie vor spricht jede:r Dritte in der Beziehung nicht über das, was er oder sie verdient. Louisa Plasberg will das ändern. Mit Tipps, wie das Reden über Geld gelingt – und einer App, die für faire Aufteilung von Finanzen und Sorgearbeit sorgt.
Das hast du noch nie gefragt? Dann bist du nicht allein: Nach wie vor spricht jede:r Dritte in der Beziehung nicht über das, was er oder sie verdient. Louisa Plasberg will das ändern. Mit Tipps, wie das Reden über Geld gelingt – und einer App, die für faire Aufteilung von Finanzen und Sorgearbeit sorgt.
Mehr als die Hälfte der deutschen Frauen und Männer hält in der Partnerschaft geheim, wie viel Vermögen sie besitzen, ein Drittel spricht dort nicht offen über das eigene Einkommen. Das klingt fast, als sei Geld für Paare ein Tabuthema …
Louisa Plasberg: So ist es – leider. Geld wird in vielen Beziehung stigmatisiert. Dabei spielt es eigentlich ständig eine Rolle. Das fängt beim ersten Date an: Wer zahlt? Es geht weiter, wenn man zusammenzieht: Wie teilen wir unsere Kosten für Miete oder Einkäufe auf? Weil Geld also immer automatisch ein Thema ist, selbst wenn man es nicht explizit zum Thema macht, finde ich: Das sollte Motivation genug sein, von Anfang an sehr viel über Geld zu sprechen.
Das Totschlag-Gegenargument lautet dann gern, das ist so unromantisch.
Das sehe ich anders. Wenn man es als Paar zum Beispiel schafft, durch eine faire Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit voneinander finanziell so unabhängig zu sein, dass man sich immer wieder aus Liebe füreinander entscheidet und nicht, weil man auf das Einkommen des anderen angewiesen ist – dann ist das doch das Romantischste der Welt!
Sie haben eine App entwickelt, die Paaren dabei helfen soll, genau das hinzukriegen. Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich habe einige Zeit in der Politik gearbeitet und mich mit den verschiedenen Lücken beschäftigt, die es zwischen Frauen und Männern gibt. Vom Gender Pay Gap bis zum Gender Pension Gap. Ich merkte: Alle diese Lücken haben am Ende mit dem Gender Care Gap zu tun, also mit der ungleichen Verteilung von Sorgearbeit. Wenn wir es schaffen, diese Lücke zu verkleinern, schrumpfen auch die anderen Lücken. Zugleich fiel mir auf, wie viele von uns sich zwar im Job für Gleichberechtigung einsetzen, privat aber doch wieder in traditionelle Rollen zurückfallen: Ist man eingeladen, kümmert sich meist die Frau ums Gastgeschenk. Hat man selbst Gäste, hat meist die Frau gekocht. Das muss sich ändern lassen, dachte ich mir.
Bei Equaly, so heißt Ihre App, werden Paare nun Schritt für Schritt angeleitet, sich die Sorgearbeit bewusster aufzuteilen – und auch ermutigt, offen über Geld zu sprechen.
Genau. Denn das eine lässt sich nicht vom anderen trennen. Wenn eine Person zum Beispiel mehr Sorgearbeit übernimmt, wird sie vermutlich weniger Geld durch Erwerbsarbeit verdienen können. Also wäre es sinnvoll, dass sich das Paar überlegt, wie sie trotzdem finanziell unabhängig bleibt. Damit das fair gestaltet werden kann, muss klar sein, wer in der Beziehung eigentlich wie viel verdient, welches Vermögen vorhanden ist, welche Vorstellungen man von der gemeinsamen finanziellen Zukunft hat. Kurz: Man sollte die Karten offen auf den Tisch gelegt haben.
Wie fängt man so ein Gespräch über Geld an?
Wenn sich ein Paar noch nie so richtig über finanzielle Fragen ausgetauscht hat, kann es bei den ersten Gesprächen ruhig um eher unverfängliche, alltägliche Themen gehen, quasi zum Warmwerden: Wofür geben wir eigentlich gern Geld aus, etwa wenn wir essen gehen oder beim Shoppen? Wohin würden wir gern mal in Urlaub fahren – und wie hoch wäre da unser Budget? Der Austausch darüber fällt den meisten noch leicht. Das nächste Level wäre dann zum Beispiel die Frage nach dem Brutto- und Nettogehalt des anderen oder – falls man plant zusammenzuziehen – die Frage, wie man sich eigentlich die Ausgaben untereinander aufteilen würde. Das ist überhaupt sehr hilfreich: Sich einen Anlass zu suchen, um das Thema Geld endlich mal anzusprechen.
Und wenn es so einen Anlass aktuell nicht gibt, weil man zum Beispiel schon mehrere Jahre zusammenlebt und die Kinder längst geboren sind?
Dann würde ich es mit regelmäßigen Money Dates probieren. Man verabredet sich, kocht sich vielleicht auch was Schönes und nimmt sich die Zeit, um sich darüber auszutauschen, wie es finanziell gerade läuft und was man sich für die Zukunft vorstellt.
Was wären denn die drei wichtigsten Fragen, die man als Paar bei solchen Gesprächen klären sollte?
Einmal ist es sicher die Frage, wie man seine Einnahmen und Ausgaben teilen will. Haben beide ein eigenes Konto, gibt es außerdem noch ein Haushaltskonto, auf das sie monatlich einen bestimmten Betrag einzahlen, oder laufen sämtliche Ein- und Ausgaben über ein großes Gemeinschaftskonto? Was hier sehr hilft: Sich einfach mal auszurechnen, was die Modelle ganz konkret bedeuten würden. Wie viel steht dann jedem und jeder zur Verfügung? Man kann sich auch vornehmen, verschiedene Modelle jeweils für ein paar Monate zu testen und sich erst dann zu entscheiden.
Und die zweite Frage?
Die betrifft den Vermögensaufbau. Wollen wir gemeinsam investieren, macht das jeder für sich oder gibt es wieder ein Mischmodell? Und schließlich sollte man klären, welche Sicherheiten man einander bezüglich Familienplanung und Altersvorsorge geben möchte. Bekommt zum Beispiel die Person, die den Großteil der Elternzeit oder Care-Arbeit übernimmt, dafür einen finanziellen Ausgleich, schließt man für sie eine private Rentenversicherung ab oder legt einen ETF-Sparplan an, in den dann auch der Partner einzahlt, der durch seine Erwerbsarbeit deutlich mehr Einnahmen hat?
Und wenn sich die Aufteilung ändert, etwa weil die Kinder irgendwann weniger Betreuung brauchen?
Dann setzt man sich wieder zusammen und ändert das Modell. Deshalb ist es ja auch sinnvoll, immer wieder ganz bewusst Termine einzuplanen, bei denen man solche Themen bespricht.
Die Frage "Ehevertrag/Partnerschaftsvertrag – ja oder nein?" taucht in Ihrer Liste nicht auf. Wäre das nicht auch ein Thema, das man als Paar zumindest einmal ansprechen sollte?
Absolut. Wobei ich wieder vor allem den Austausch darüber wichtig finde – und dass man sich gemeinsam informiert, was Begriffe wie Zugewinngemeinschaft und Gütertrennung eigentlich bedeuten. Denn auch wenn man keinen Ehevertrag abschließt, hat man ja de facto einen: den staatlichen. Und zu wissen, was der eigentlich bedeutet, ist die Grundlage für alles andere. Erst dann kann man ja eine Entscheidung treffen, die sich für alle gut und richtig anfühlt. Dasselbe gilt übrigens auch für die Frage, welche Steuerklasse man wählt, wenn man tatsächlich heiratet. Natürlich kann jeder selbst entscheiden, ob es die Steuerklasse 4 mit Faktor wird oder die Kombination aus Steuerklasse 3 und 5.
Zumindest bis 2030 ist diese Kombination ja noch möglich …
Genau. Aber wenn man sich dafür entscheidet, sollte einem bewusst sein, dass die Person, die Steuerklasse 3 gewählt hat, große Einbußen bei Leistungen wie dem Elterngeld hinnehmen muss, weil diese Leistungen nach dem Nettogehalt berechnet werden. Hier wäre es also durchaus sinnvoll, zumindest im Jahr vor der Geburt des Kindes zum Faktorverfahren zu wechseln.
Und welches Modell haben Sie gewählt?
Mein Partner und ich haben beide die Steuerklasse 4 und auch einen Ehevertrag abgeschlossen. Durch den Prozess haben wir uns bewusst und gemeinsam mit unserer Zukunft auseinandergesetzt, auch der finanziellen, und das fühlt sich richtig gut an.
Louisa Plasberg hat das Start-up Equaly 2022 mit Ronja Hofacker gegründet. Vorher hat sie Politik und VWL studiert und unter anderem für eine Bundestagsabgeordnete gearbeitet. Equaly will Paare per App dabei unterstützen, Sorgearbeit fairer aufzuteilen. Dafür gibt es Übersichten, Tools und Live-Sessions. joinequaly.com (Mitgliedschaft/Monat ab 13,25 Euro).
Neugierig geworden? Noch mehr Tipps von Louisa Plasberg gibt es im Vodcast "What The Finance", moderiert von Laura Maria Weber. Überall, wo es Podcasts gibt.