Für Demokratie: München zeigt Flagge [Gesundheits-Check]

Auch dieses Wochenende gehen wieder viele Menschen für die Demokratie auf die Straße. In München haben sich nach Angaben der Polizei mehr als 200.000, nach Angaben der Veranstalter sogar 320.000, jedenfalls also viele, unter dem Motto „Demokratie braucht DICH!“ auf der Theresienwiese versammelt. Aufgerufen hatte das Bündnis „München ist bunt!“ zusammen mit vielen Unterstützern, ein…

Feb 8, 2025 - 22:58
 0
Für Demokratie: München zeigt Flagge [Gesundheits-Check]

Auch dieses Wochenende gehen wieder viele Menschen für die Demokratie auf die Straße. In München haben sich nach Angaben der Polizei mehr als 200.000, nach Angaben der Veranstalter sogar 320.000, jedenfalls also viele, unter dem Motto „Demokratie braucht DICH!“ auf der Theresienwiese versammelt.

Aufgerufen hatte das Bündnis „München ist bunt!“ zusammen mit vielen Unterstützern, ein breites Spektrum der Gesellschaft abbildend, sogar die Münchner Fußballvereine FC Bayern München und TSV 1860 München waren dabei.

Der Münchner CSU-Chef Georg Eisenreich hat nicht teilnehmen wollen, weil er die Demo als gegen die Migrationspolitik der Union gerichtet sieht. Das stimmt und das verweist auf ein Dilemma der aktuellen Demonstrationen: Sie teilen nicht zwischen Demokraten und AfD, sondern sie teilen zu weit in der Mitte der Gesellschaft, eine Trennlinie, die durch die unnötige Abstimmungsaktion von Merz im Bundestag vor gut einer Woche entstand.

In Nürnberg beim „kleinen CSU-Parteitag“ bemühen sich Markus Söder und Friedrich Merz derweil, wieder auf die richtige Seite zu kommen. Söder: “Nein, nein und nein: Es gibt keine Zusammenarbeit. Ja, ja, ja, wir sind der Schutzwall, wir sind die Brandmauer.” Und Merz zu Vorwürfen, er grenze sich nicht genug gegen die AfD ab: “Wir würden unser Land verraten. Ich würde die Seele der CDU verraten, wenn ich auch nur den kleinen Finger reichen würde, eine solche Politik in Deutschland zu machen.”

Bei Matthäus 7:20 heißt es, dass man falsche Propheten an ihren Taten erkennen wird. Bleibt also zu hoffen, dass Söder und Merz an ihren Taten erkennen lassen, dass sie keine falschen Propheten sind, dass die Union nicht den Weg der Österreichischen Volkspartei geht, die zunächst auch eine Zusammenarbeit mit der FPÖ strikt abgelehnt hat und jetzt zu einer Koalition mit ihr bereit ist, sogar unter einem Kanzler Kickl.

Mancher wird sich fragen, ob man mit solchen Demos irgendetwas erreicht oder nur das eigene Gewissen beruhigt. Natürlich wird man kaum eingefleischte AfD-Anhänger damit beeindrucken. Die kommentieren die Münchner Demo in gewohnter Weise: Auf MSN kann man z.B. lesen, das sei ein „Faschistentreffen wie 1933“, in Orwellscher Verkehrung der Dinge, oder die Demonstranten „werden dafür bezahlt“, oder da sei aus „ganz Deutschland die geballte Dämlichkeit zusammengekarrt“ worden.

Auch die Wahlergebnisse werden die Demos kaum nachhaltig beeinflussen. Aber sie sind keine „Zeitverschwendung“, wie es im SPIEGEL Ullrich Fichtner, der Hellsichtige, darstellt. Er meint, es gäbe doch Wichtigeres, z.B. Trump:

„Es wäre wünschenswert, wenn dagegen Menschen weltweit auf die Straße gingen. Es wäre wichtig, darüber mehr zu reden. Und über Friedrich Merz vielleicht ein bisschen weniger.“

Ja, es gibt Wichtigeres. Ein selten dämliches Argument. Man liest sogar SPIEGEL-Artikel, obwohl es Wichtigeres gibt. Eine Demo in München gegen Trump wäre allerdings wohl wirklich Zeitverschwendung. Der Mann, der erkannt hat, dass er sich auf die Fifth Avenue stellen und jemanden erschießen kann, ohne dass er Wähler verliert, würde sich davon gewiss nicht beeindrucken lassen. Bei Trump sind eher andere gefragt als die Münchner Bürger:innen.

Der Sinn solcher Demos besteht z.B. darin, dass sich die Zivilgesellschaft vergewissert, dass die AfD in Deutschland nicht bei 80 % steht, sondern bei 20 %, was schon schlimm genug ist. Aber 2025 ist nicht 1933. Und dass das auch Leute wie Söder und Merz sehen, gerade wenn sie betonen, dass „die Bevölkerung“ eine andere Politik will. Auch für sie gehören die 200.000 oder 300.000 auf der Theresienwiese zum ganzen Bild, auch ihre Wähler:innen waren dort.