Pläne der EU: Päckchengebühr für Temu und Shein – das Ende des Billig-Shoppings?
Billig-Ware aus China könnte bald mehr kosten: Die EU will mit einer Päckchengebühr gegen Shoppingportale wie Temu und Shein vorgehen. Die USA sind schon einen Schritt weiter.
Billig-Ware aus China könnte bald mehr kosten: Die EU will mit einer Päckchengebühr gegen Shoppingportale wie Temu und Shein vorgehen. Die USA sind schon einen Schritt weiter.
Wer dachte, Amazon sei der Gipfel der Online-Billigshopping-Mentalität, der wurde in den vergangenen Jahren eines Besseren belehrt. Onlinehändler wie Temu und Shein fluten mit ihrer Billigware aus China in rasant zunehmendem Tempo den europäischen Markt. Elektronik, Kleidung, Haushaltsartikel – kostet alles nur wenige Euro und wird direkt aus China an die Haustür geliefert
Das gefällt nicht jedem. Während manch Kunde sich über die spottbilligen Preise freut, warnen Verbraucherschützer vor minderwertiger Qualität. Und europäische Wettbewerber sowie Behörden haben große Zweifel, wie legal das ganze China-Geschäft ist. Denn weil die Waren direkt frei Haus geliefert werden, lässt sich nur schwer kontrollieren, inwiefern gefälschte oder gefährliche Produkte versandt werden und ob Zollbestimmungen eingehalten werden.
Stoppt die Päckchengebühr Temu und Shein?
Das will die Europäische Union nun endlich ändern. Die EU-Kommission schlägt den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament konkrete Schritte vor, die das unkontrollierte Geschäftsmodell der China-Portale ausbremsen sollen. Der Entwurf, über den zuerst das Handelsblatt berichtete, sieht neben schärferen Kontrollen auch vor, "eine Bearbeitungsgebühr für Artikel des elektronischen Handels zu erheben", die in individuellen Päckchen importiert werden.
Die Päckchengebühr soll die Zollbehörden der EU-Staaten für die höheren Kosten entschädigen, die "bei der ordnungsgemäßen Kontrolle dieser Waren, die direkt an die Verbraucher geliefert werden" entstehen. De facto ist es derzeit so, dass es dem Zoll allein aufgrund der schieren Massen an Päckchen unmöglich ist, diese effektiv zu kontrollieren. STERN PAID 51_24 Temu 05.59
Lücke im Zollgesetz
Die Chinesen nutzen zudem bislang eine Lücke in den Zollgesetzen aus. Pakete mit einem Warenwert von weniger als 150 Euro sind von Zollabgaben befreit. Die Regelung stammt aus einer Zeit, in der solche kleinen Päckchen vornehmlich zwischen Privatpersonen verschickt wurden, während kommerzielle Ware in großen Containern am Hafen anlandete, wo sie dann vom Zoll kontrolliert werden konnte.
Doch heute sieht die Realität anders aus: Im Jahr 2024 kamen laut EU-Kommission mehr als vier Milliarden Sendungen mit einem Warenwert unter 150 Euro aus China – mehr als doppelt so viel im Jahr zuvor. Die China-Ware machte 91 Prozent aller Onlineshopping-Importe unterhalb der Zollfreiheitsgrenze aus. Ob der Warenwert all dieser Pakete tatsächlich nicht die 150 Euro überschreitet, lässt sich ohne Kontrolle auch nicht sagen. Privatpersonen dürften die Marke angesichts der Billig-Preise bei einer Bestellung allerdings kaum überschreiten Wiederverkäufer schon. Die EU-Kommission möchte die Zollfreigrenze daher im Zuge der vorgeschlagenen Reform abschaffen. Den Vorschlag gibt es schon länger, bisher waren die nationalen Regierungen nicht bereit dazu.
US-Post stoppt Transport von China-Paketen
In den USA ist man da schon einen Schritt weiter: US-Präsident Donald Trump hat die Zollfreiheit für Pakete aus China mit geringem Warenwert kurzerhand beendet. Bislang konnten Pakete an Privatpersonen bis zu einem Warenwert von 800 US-Dollar zollfrei versendet werden. Schon Joe Biden hatte zum Ende seiner Amtszeit vorgeschlagen, die Ausnahmeregelung zu streichen, Trump hat es nun im Rahmen seiner Zoll-Offensive umgesetzt.
Die Maßnahme zeigte direkt Wirkung: Die US-Post hat in der Nacht auf Mittwoch erklärt, vorerst keine Pakete aus China und Hongkong mehr zu befördern. Das Unternehmen benötigt Zeit, um sich auf die neue Regel einzustellen, Briefe und kleine Päckchen aus China werden aber weiter transportiert. Experten gehen davon aus, dass sich Sendungen von Temu und Shein in den USA nun verteuern werden – sie könnten aber immer noch günstiger sein als die von US-Unternehmen. Amazon Temu 10.00
Billigware soll teurer werden
Ob sich die EU-Länder zu einer Streichung der Zollfreiheit für Billigware oder zu der vorgeschlagenen Päckchengebühr durchringen, ist unklar. Die Vorschläge der EU-Kommission würden jedenfalls auch hierzulande China-Ware verteuern. Der Versand manches Billigproduktes würde sich dann wohl nicht mehr lohnen. Allerdings müsste die Päckchengebühr – ebenso wie verschärfte Zollbestimmungen – auch praktisch durchgesetzt werden. Schon jetzt gibt es ja vielfach den Verdacht, dass sich die chinesischen Unternehmen nicht an geltende Gesetze halten.
Gegen den Billigmode-Konzern Shein hat die EU-Kommission daher am Mittwoch zeitgleich mit ihren Gebührenplänen auch gleich eine Untersuchung wegen unlauterer Geschäftspraktiken eingeleitet. Die Kommission gehe Beschwerden aus zahlreichen Ländern nach, dass sich Shein nicht an europäische Verbraucherschutzgesetze halte, hieß es.
In Deutschland hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Shein bereits im vergangenen Jahr abgemahnt, weil dieser gegen den Digital Services Act der EU verstoße. Die Verbraucherschützer prangerten unter anderem manipulative Rabattversprechen, Ungereimtheiten bei Sternchen-Bewertungen und Greenwashing an.
Auch Temu hat der vzbv wegen unzulässiger Rabatt- und Werbeversprechen abgemahnt, das Unternehmen gab eine Unterlassungserklärung ab. Dennoch warnen die Verbraucherzentralen weiter vor dem Einkauf bei Temu. Sie berichten von Kundenbeschwerden über schlechte Qualität, nicht erhaltene Sendungen und schlecht erreichbaren Kundenservice. Außerdem raten die Verbraucherschützer, nicht in Vorkasse zu gehen und sich über die Zollbestimmungen zu informieren. "Sonst können zusätzliche Steuern und Zollgebühren auf Sie zukommen."