Zinsen: Irreführende Angaben? Verbraucherschützer klagen gegen Trade Republic

Wer bei Trade Republic sein Geld parkt, investiert zum Teil in Geldmarktfonds – und weiß das zum Teil nicht einmal. Sollten Kunden ihr Geld trotz hoher Zinsen also jetzt wegschaffen?

Feb 7, 2025 - 20:25
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Zinsen: Irreführende Angaben? Verbraucherschützer klagen gegen Trade Republic

Wer bei Trade Republic sein Geld parkt, investiert zum Teil in Geldmarktfonds – und weiß das zum Teil nicht einmal. Sollten Kunden ihr Geld trotz hoher Zinsen also jetzt wegschaffen?

Einfach Geld parken und höhere Zinsen bei als bei anderen Banken kassieren. Das ist das Produktversprechen des Neobrokers Trade Republic, der bislang den jeweiligen Leitzins der Europäischen Zentralbank – und somit aktuell 2,75 Prozent – zahlt. Das ist mehr als die meisten etablierten Onlinebanken bieten und liegt deutlich höher als die Zinsangebote vieler Sparkassen und genossenschaftlicher Banken, die selbst bei einem EZB-Leitzins von vier Prozent ihre Kundschaft mit 0,5 Prozent Sparzins abspeisten.

Kein Wunder also, dass Trade Republic ein starkes Kundenwachstum und hohe Mittelzuflüsse erlebte. Doch viele Kunden erkennen nun nach Medienberichten, dass sie ihr Cash nicht nur auf einem Konto mit deutscher Einlagensicherung liegen haben, sondern Teile ihres Geldes in Geldmarktfonds geparkt sind. Die sind zwar nicht per se unsicher, aber die Fonds haben ein anderes Bonitäts- und Liquiditätsprofil als Tagesgeld – und sie unterliegen nicht der Einlagensicherung.  

Losgetreten hatte die Diskussion die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die sich daran reibt, dass ein Teil der Spargelder weniger gut abgesichert sei als auf einem Tagesgeldkonto. Wegen aus ihrer Sicht irreführender Angaben haben die Verbraucherschützer Trade Republic aufgefordert, bis zum 13. Februar eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, wie zuerst die „Wirtschaftswoche“ berichtete. Konkret bemängelten sie, die Absicherung der Einlagen werde nicht ausreichend klar gemacht und ebenso nicht, dass der Zins variabel sei.

Blick in die Trade-Republic-App ist nötig

Der Neobroker zeigte sich gelassen. „Wir haben die Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelehnt“, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Wer sich informiere, wisse, dass der Zins variabel sei und sich am EZB-Einlagenzins orientiere. Die Aufteilung des Geldes auf Konten bei anderen Banken wie Deutsche Bank oder JP Morgan sowie auf Geldmarktfonds könne man in der App erkennen. Außerdem sei das Vorgehen mit der Umwandlung von einer Wertpapierhandelsbank in eine Vollbank im vergangenen Mai per Pressemitteilung kommuniziert worden. 

Dass man Ärger mit der Finanzaufsicht Bafin habe, wie es der Branchennewsletter „Finance Forward“ (aus dem Haus des „Manager Magazin“) berichtet hatte, weist Trade Republic energisch zurück. „Die Produkte von Trade Republic entsprechen den strengen Regularien der Bafin“, betonte die Sprecherin. „Wir bauen innovative Produkte, die dem Kunden neue Vorteile bringen. Hierzu gehört auch die volle Weitergabe der EZB-Zinsen auf das gesamte Guthaben und die Einbindung der Partnerbanken und Geldmarktfonds in unser Set-up. Der laufende Austausch mit der Bafin beschreibt die normale Aufsichtspraxis.“30-01-25 EZB

Die Verbraucherschützer wollen die Argumente der Berliner nicht gelten lassen. „Wir haben am heutigen Freitag Klage am Landgericht II in Berlin eingereicht“, erklärte ein Sprecher der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Capital-Anfrage.

Unabhängig von Bonitäts- und Liquiditätsfragen dürften sich Trade-Republic-Kunden dennoch über fehlende Transparenz wundern. Viele haben sich wohl durch die Berichte erstmals genauer angeschaut, wie sie investiert haben. Dafür muss man in der App im Bereich „Cash“ ganz nach unten scrollen, wo es heißt: „Der Saldo zeigt die gesamten nicht investierten Barmittel an. Erfahren sie, wie ihre Barmittel zugewiesen werden.“ Dann findet sich in kleiner Schrift ein blaues „hier“. Wer darauf klickt, sieht, welcher Teil des Geldes auf einem Konto mit Einlagensicherung liegt, beispielsweise bei der Deutschen Bank. Doch neben einem Bankkonto finden sich dort auch einer oder mehrere Geldmarktfonds.

Unklare Mittelverteilung

Wie sich das ganze verteilt und ab welchem Betrag Cash in Geldmarktfonds fließt, folgt offenbar keiner Regel – oder Trade Republic will sie nicht nennen. Es gebe keine Schwellenwerte, ab denen Geld in Fonds fließt statt auf ein Bankkonto. Die Verteilung erfolge nach „den Kapazitäten am Geldmarkt“. Transparenz geht sicher anders.

Dabei ist die Anlage in die Fonds zunächst nicht besonders riskant. Die Risiken sind aber andere als bei einem Tagesgeldkonto. Bei diesem garantiert die Bank für die Summe. Im Notfall springt die Einlagensicherung ein, wie etwa beim Zusammenbruch der Greensill-Bank. Die von Trade Republic genutzten Geldmarktfonds von Blackrock und DWS streuen hingegen sehr breit, so dass Probleme eines einzelnen Emittenten nur wenig Auswirkungen haben.NL Die Woche

Der Blackrock ICS Euro Liquidity Fund investiert aktuell in rund 300 verschiedene kurzlaufende Wertpapiere, Termingelder und sogenannte Repos von rund 80 Emittenten aus ganz Europa. Ganz ähnlich ist das Bild bei den beiden DWS-Produkten Deutsche Global Liquidity Series und Deutsche Managed Euro Fund. Im Blackrock-Fonds war mit Stand 6. Februar der größte Posten ein Festgeld der DZ Bank mit einem Anteil von 3,8 Prozent, das tags darauf bereits auslief. 

Viele Instrumente in dem Produkt laufen nur über Nacht, weshalb sie auch den Einlagensatz der EZB vereinnahmen. Zu diesem können Banken überschüssige Liquidität über Nacht bei der Notenbank parken. Der Fonds ist neben Festgeld in sogenannte Commercial Papers investiert, also Schuldverschreibungen von Banken und Unternehmen wie Colgate Palmolive. Daneben finden sich kurzlaufende Staatspapiere, sogenannte Geldmarktpapiere, beispielsweise von Finnland mit Laufzeit bis zum April. 

Der Deutsche Managed Euro Fund parkt Geld über Nacht bei der Deutschen Bank, aber auch bei Credit Agricole und ING. Außerdem investiert er unter anderem in Geldmarktpapiere, als kurzlaufende Staatsanleihen, unter anderem aus den Niederlanden, Frankreich und Österreich.

Das dritte Investitionsobjekt in den Fonds sind Repo-Papiere, im Fall des Blackrock-Produktes etwa von BNP Paribas, ING oder JP Morgan. Ein sogenanntes Repurchase Agreement ist eine Form der Kreditaufnahme durch einen Investor in Staatspapieren. Dieser verleiht sein Wertpapier über Nacht an einen Fonds wie den von Blackrock und kauft ihn am nächsten Tag zu einem zuvor festgelegten Preis zurück. Dieser entspricht in der Regel dem Einlagensatz der EZB, an dem wiederum sich die Verzinsung auf dem Konto von Trade Republic bislang orientiert. 

Problem Fristentransformation

Der Blackrock-Fonds hat von den drei großen Ratingagenturen jeweils die Höchstnote „AAA“ erhalten. Doch nicht alle enthaltenen Wertpapiere laufen nur über Nacht, einige haben eine Restlaufzeit von einigen Tagen bis wenigen Monaten. Alle drei Fonds betreiben also klassische Fristentransformation: Sie nehmen kurzfristig auslaufendes Geld herein und investieren dies mittel- oder langfristig.05-02-25 Crashlehren

Weil langlaufende Zinsen in der Regel höher sind als kurzfristige, verdient die Bank an dieser Konstruktion. Fristentransformation, egal ob bei einer Bank oder in einem Geldmarktfonds, führt jedoch immer zu einem Liquiditätsrisiko: Kommt es zu starken Abflüssen, können diese mitunter nicht alle aus dem Cashbestand oder den Übernacht-Anlagen bedient werden. Ein Fonds muss dann entweder Notverkäufe von Wertpapieren (ggf. mit Abschlag) tätigen oder die Auszahlungen stoppen, wird also de facto „eingefroren“. Mitunter müssen Anleger dann eine Weile auf ihr Geld warten und gegebenenfalls sogar Verluste hinnehmen, wenn es eine breitere Krise am Finanzmarkt gibt und einige der im Fonds enthaltenen Wertpapiere ganz oder teilweise ausfallen. Für diese Verluste steht dann anders als bei Tagesgeld oder Festgeld nicht die Einlagensicherung gerade.

Aktuell scheint das, eine theoretische Überlegung zu sein, denn die Märkte sind stabil und eine Finanzkrise zeichnet sich nicht ab. Von daher ist die Mischung aus Bankeinlage und Geldmarktfonds eine gute Weise, höhere Zinsen zu kassieren. 

Ganz umsonst ist das aber nicht, wie immer bei höheren Renditen: Sparerinnen und Sparer sollten regelmäßig die Aufteilung im Blick haben und wenn sie sich – gerade vor großen Anschaffungen – unwohl mit den Fonds fühlen, einen Teil ihres „Cash“ von Trade Republic auf eine andere Bank mit niedrigerem Zins, aber Einlagensicherung transferieren.