Kaufen die USA selbst bald TikTok?
Auch mit Zöllen finanziert? Der neue US Sovereign Wealth Fund soll Gelder für Infrastruktur und Technologie bereitstellen und könnte sogar für den Kauf des US-Geschäfts von TikTok genutzt werden. Allerdings ist noch unklar, wie der Fund aufgebaut wird und ob er TikTok in den USA rechtzeitig retten könnte.
Was passiert mit TikTok in den USA? Die App funktioniert nach einem kurzen, gesetzlich angeordneten Shutdown wieder, lässt sich aber nicht mehr herunterladen. Das US-Geschäft der ByteDance-Tochter befindet sich in der Schwebe, ein Verkauf an ein US-Unternehmen oder ein weiterer, dauerhafter Shutdown stehen bevor. Am 20. Januar unterschrieb der neue US-Präsident Donald Trump ein Dekret, um TikTok weitere 75 Tage einzuräumen, in denen die Zukunft der Plattform in den Vereinigten Staaten geregelt werden kann. Jetzt gibt es diesbezüglich einen neuen kreativen Vorschlag: Donald Trump erwägt, TikToks US-Geschäft mithilfe eines neuen Sovereign Wealth Funds unmittelbar in die Hände der US-Regierung zu bringen. Das übertrifft sogar seine Idee, die USA beim TikTok-Teilverkauf an ein US-Unternehmen an einem Joint Venture finanziell zu beteiligen.
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TikTok-Kauf durch die USA: Ist das überhaupt realistisch?
Reuters berichtet von der Möglichkeit, das US-Geschäft TikToks in die Hand der US-Regierung zu geben. Diese Option basiert auf einer Aussage von Donald Trump, nach der der US-Präsident den Verkauf des US-Geschäfts an ein US-Unternehmen fördern oder aus Regierungssicht selbst in die Wege leiten möchte. Dabei könnte ein sogenannter US Sovereign Wealth Fund unterstützen. Diesen möchte die Regierung nach dem Vorbild anderer Staaten wie Saudi-Arabien und US-Bundesstaaten wie Alaska in den kommenden Monaten aufbauen, mit besonderen Einkünften – beispielsweise aus den scharf kritisierten Strafzöllen der USA – finanzieren und für die Bereitstellung neuer Infrastruktur, Medizinprojekte und Forschung nutzen. Aber auch der Aufkauf von Tech-Umfeldern könnte in den Bereich des Wealth Funds fallen; womöglich, weil Trump, Musk und Co. die Plattform als potentiell relevante eigene Umgebung betrachten, die für politische Instrumentalisierung dienen mag.
We’re going to be doing something, perhaps with TikTok, and perhaps not. If we make the right deal, we’ll do it. Otherwise, we won’t … we might put that in the sovereign wealth fund,
so Trump. Derzeit ist TikTok trotz eines gesetzlichen Verbots als Dienst in den USA nach einem kurzen Shutdown am 19. Januar wieder aktiv. Die App lässt sich in den App Stores in den USA aber weiterhin nicht herunterladen. Eine Überwindung der Kompromisslösung, gegen die sich ohnehin viele Gruppierungen wehren, und eine nachhaltige Neuausrichtung TikToks soll durch einen Verkauf des US-Geschäfts erreicht werden, der die USA finanziell beteiligt. Trump sprach zuletzt von einem Joint Venture, das die USA mit bis zu 50 Prozent Umsatzbeteiligung berücksichtigen sollte.
Einen Vorschlag, der dieser Struktur recht nahe kommt, brachte das KI-Unternehmen Perplexity unlängst ein. Denn Perplexity schlug ByteDance vor, das US-Geschäft zu kaufen, den vom chinesischen Konzern aber nicht zum Verkauf gedachten Empfehlungsalgorithmus nicht zu übernehmen. Des Weiteren soll Perplexity das US-Geschäft nicht selbst komplett aufkaufen – das wäre finanziell für das Unternehmen auch kaum machbar. Vielmehr steht eine Fusion unter einer neuen Holding-Gesellschaft namens NewCo. im Raum. Diese würde als Joint Venture, wie es Donald Trump gern sehen würde, gebildet und von Investor:innen unterstützt. Dabei soll die US-Regierung nach einem möglichen IPO mit einem geschätzten Wert von 300 Millionen US-Dollar die Hälfte am Joint Venture halten. In diesem Szenario könnte auch Perplexity von der Holding-Gesellschaft gekauft werden.
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Sovereign Wealth Fund der USA steht auf wackligen Beinen
Für ein Fortbestehen TikToks in den USA könnte der neue Sovereign Wealth Fund der USA zu spät kommen. Denn dieser soll nach Informationen von Scott Bessent, Secretary of the U.S .Deparment of the Treasury, in den kommenden zwölf Monaten entstehen. Unklar ist aber noch, wie genau man in den USA die Gelder für den Fonds beschaffen möchte. Eine Option ist laut Reuters die Umwandlung des U.S. International Development Finance Corps (DFC), das derzeit zusammen mit Privatorganisationen Projekte finanziert. Bessent sprach zudem von der Monetarisierung bestimmter „Assets“. Doch eine konkrete Finanzierungsstruktur ist noch nicht ersichtlich. Bessent und Gina M. Raimondo als Secretary of Commerce sind damit beauftragt, binnen 90 Tagen einen Plan zu entwerfen, wie es im Trump-Dekret heißt:
[…] The Secretary of the Treasury and the Secretary of Commerce shall jointly submit this plan to the President within 90 days of the date of this order. Such plan shall include recommendations for funding mechanisms, investment strategies, fund structure, and a governance model. The plan shall also include an evaluation of the legal considerations for establishing and managing such a fund, including any need for legislation […].
Zudem steht der Fonds vor weiteren Hürden. Der US-Kongress müsste diesem erst zustimmen. Außerdem werden solche Fonds in der Regel basierend auf Finanzüberschüssen oder wiederkehrenden Einnahmen, etwa aus Rohstoffmonetarisierungen wie dem Ölverkauf, kreiert. Noch im Herbst 2024 vermeldeten die USA das drittgrößte Haushaltsdefizit der eigenen Geschichte.
TikToks US-Zukunft hängt eher am Verkauf an Investor:innen
Aufgrund der Unklarheit hinsichtlich des neuen Sovereign Wealth Funds dürfte TikToks Zukunft in den USA weiterhin eher in der Hand großer Tech-Unternehmen oder Milliardär:innen liegen, die einen Kauf des US-Geschäfts anstreben. Zu den möglichen Interessent:innen gehören X-Eigner und Regierungsmitglied Elon Musk, Oracle – das bereits die US-User-Datenverwaltung übernommen hat –, Perplexity, Microsoft, Investor Kevin O’Leary (für The People’s Bid for TikTok) und der ehemalige U.S. Treasury Secretary Steve Mnuchin. Womöglich gibt es noch deutlich mehr potentielle Käufer:innen, wie zum Beispiel den größten YouTuber der Welt, MrBeast, der über einen Kauf öffentlich sprach. Donald Trump möchte schon im Februar eine Lösung präsentieren.
Die Verkaufsbereitschaft von ByteDance ist unterdessen auch noch nicht eindeutig kommuniziert worden. Ein Verkauf direkt an die US-Regierung dürfte kaum als favorisierte Option gelten. 2024 schloss ByteDance den Verkauf noch kategorisch aus, muss sich der digitalpolitischen Realität in den USA jedoch stellen. Laut Trump kann TikTok dort nur mit Unterstützung der US-Regierung weiteroperieren. Jüngst äußerte sich die stellvertretende Direktorin der Presseabteilung des Außenministeriums der Volksrepublik China, Mao Ning, und erklärte auf einer Pressekonferenz:
TikTok has operated in the US for years and been very popular with American users. It has played a positive role in boosting US employment and consumption. We hope the US will earnestly listen to the voice of reason and provide an open, fair, just and non-discriminatory business environment for market entities from all countries. When it comes to actions such as the operation and acquisition of businesses, we believe they should be independently decided by companies in accordance with market principles. If it involves Chinese companies, China’s laws and regulations should be observed.
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Werbetreibenden auf TikTok in den USA versichert das Unternehmen unterdessen, nicht gegen das Gesetz zu verstoßen, wenn sie Ads auf der Plattform ausspielen. TikTok hatte Advertisern vor dem kurzen Shutdown am 19. Januar bereits zugesichert, im Worst Case, bei einem andauernden Shutdown, Rückzahlungen für bereits geleistete Ad-Zahlungen zu bieten.
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