Aktien: Die Tesla-Aktie hat längst nichts mehr mit Autos zu tun

Die Verkaufszahlen des E-Autopioniers sind mau. Trotzdem wetten Anleger weiter auf Tesla. Dafür gibt es eine plausible Erklärung: Was zählt bei Tesla, ist wie immer die Fantasie

Feb 2, 2025 - 23:51
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Aktien: Die Tesla-Aktie hat längst nichts mehr mit Autos zu tun

Die Verkaufszahlen des E-Autopioniers sind mau. Trotzdem wetten Anleger weiter auf Tesla. Dafür gibt es eine plausible Erklärung: Was zählt bei Tesla, ist wie immer die Fantasie

Tesla gibt Rätsel auf. Die Verkaufszahlen, die Tesla-Chef Elon Musk präsentiert, fallen enttäuschend aus. Es ist der erste Jahresrückgang bei Tesla-Autos seit über einem Jahrzehnt. Trotzdem steigt der Aktienkurs wieder. Experten führen das vor allem darauf zurück, dass es Musk wieder einmal geschafft hat, große Fantasien für sein Unternehmen zu kreieren. Ob die jemals Wirklichkeit werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt. 

„Musk profitiert einmal mehr von Versprechen als Ergebnissen“, sagt Auto-Experte Frank Schwope im Gespräch mit ntv.de. Dabei habe er schon Versprechen aus der Vergangenheit nicht einhalten können. „Ich erinnere nur an die Prognose eines durchschnittlichen jährlichen Wachstums bei den Verkaufszahlen von 50 Prozent“, so der Dozent an der Fachhochschule des Mittelstands (FHM).

Dass bei den Anlegern dennoch der Optimismus überwiegt, hat vor allem damit zu tun, dass Musk seinen E-Autopionier nach und nach ein Facelift verpasst hat – und seine Fans inzwischen statt mit E-Autos mit KI-Visionen elektrisiert. Es sind inzwischen Musks Zukunftsvisionen in den Bereichen Robotik und autonomes Fahren, die er mantraartig wiederholt, die Anlegerherzen höher schlagen lassen. So auch bei der Bilanzkonferenz Mittwochabend, wo er nicht nur vollmundig den Start eines Robotaxi-Dienstes ohne Fahrer in Austin im US-Bundesstaat Texas bereits für Juni ankündigte, sowie bis Ende 2026 in zahlreichen anderen Ländern. Das Geschäft wird in den folgenden Jahren abheben, versprach Musk. 

Altervsorsorge mit 20,30,40

Auch ein Prototyp seines humanoiden Roboters Optimus soll im Verlauf dieses Jahres auf den Markt kommen. Er soll mechanische Hände haben, die nicht nur Klavier spielen können, sondern sogar einen Faden durch eine Nähnadel fädeln können. Perspektivisch soll Tesla eine Million Roboter produzieren, verspricht Musk, zu Herstellungskosten unter 20.000 Euro pro Stück.

Musk geizte nicht mit Superlativen: „Es gibt kein Unternehmen, das bei der Künstlichen Intelligenz so weit ist wie Tesla“, rühmte der Tesla-Chef seine Fortschritte. Und: „Wir bauen die Produktionslinien und bereiten uns auf das vor, was meiner Meinung nach ein episches Jahr 2026 und ein unglaubliches Jahr 27 und 28 werden wird“, schwärmte er weiter. Auch eine neue futuristische KI-gesteuerte Batterie, die ein intelligentes Energiemanagement erlaubt, schürt KI-Träume. Sie soll sich an die Energiegewohnheiten eines Haushalts oder eines Fahrzeugs anpassen.

Halluziniert Musk bei Tesla oder kann er seine Versprechen halten?

Würden Tesla-Cybertaxis auf amerikanischen Straßen rollen, wäre das ein großer Coup für Musk. Laut einer Studie der UBS sind Robotaxis ein Wachstumsmarkt. Im Jahr 2030 sollen weltweit elf Millionen selbstfahrende Taxis im Einsatz sein, Marktwert 238 Milliarden US-Dollar. Musk prognostizierte einen Börsenwert für Tesla, der – sollte sein Plan aufgehen – um die Hälfte höher sein soll als der von Apple – vorausgesetzt, er kann den Markt früh besetzen. Zuletzt betrug der Börsenwert von Apple 3,4 Billionen US-Dollar. Der von Tesla 1,2 Billionen Dollar. Die Tesla-Aktie notierte zuletzt bei 397 Dollar. 

Experten jedoch sind skeptisch. „Ich würde mich in ein Waymo-Taxi setzen, aber noch nicht in ein Tesla-Robo-Taxi“, sagt Autoexperte Schwope. Als Schwachpunkt bei Teslas „Full-Self-Driving System“ gilt weiterhin, dass es lediglich mit Kameras ausgestattet ist und nicht mit der Laser-Technologie von Lidar, auf die die Konkurrenten setzen. Die Google-Schwesterfirma Waymo bietet bereits Robotaxi-Dienste ohne Menschen am Steuer in mehreren US-Städten an.

Die Tücken der betrieblichen Altersvorsorge

„Tesla ist heute schon mehr als nur ein Autobauer“, sagt der Autoexperte Jürgen Pieper im Gespräch mit ntv.de. Dass die Zahlen für das abgelaufene Jahr „noch ganz vernünftig“ ausgefallen seien, sei „allein Nebengeschäften, wie dem Handel mit Bitcoins oder dem Geschäft mit Energiespeichern zu verdanken“. Aus Sicht des Experten ist Tesla deshalb mit Blick auf die Zukunft „eine große KI-Wette“.

Pieper warnt dabei aber vor zu hohen Erwartungen. „Es gibt inzwischen unzählige Unternehmen auf der ganzen Welt, die sich dem Thema KI widmen und versuchen hier Geschäfte zu machen. Man hat diese Woche erlebt, wie schnell die Luft aus solcher Fantasie entweichen kann“, so Pieper. Tesla werde deshalb vermutlich „nicht die ganz große Rolle beim KI-Thema spielen“.

Und der Autoexperte sieht noch ein weiteres Risiko: „Tesla ist zunehmend eine Wette auf Elon Musk. Ich stelle mir die Frage, wie kann dieser Mann bei allen Fähigkeiten, die er sicherlich hat, noch Zeit auf sein Unternehmen verwenden? Bleibt neben X und seinem politischen Engagement noch Zeit für ein Management von Tesla? Ich würde das verneinen.“ 

Dudenhöffer: „Musk ist im Chaos gelandet“

Das Urteil von Ferdinand Dudenhöffer fällt härter aus: „Es sieht aus, als sei Musk mit Tesla im Chaos gelandet“, sagt er ntv.de. Autos ohne Lenkrad in den USA sieht der Autoexperte in den kommenden Jahren überhaupt nicht – auch wegen der strikten Regulierungen. Dass ein Tesla autonom von einer US-Küste zur anderen fahren wird, hatte Musk übrigens schon 2018 versprochen – seitdem ist nichts passiert.

FT-Übersetzung Trump-Trades

Auch Dudenhöffer hält Musks politisches Engagement in der Trump-Regierung für kontraproduktiv. Obwohl das Unternehmen große Probleme aufgrund der gestrichenen E-Auto-Subventionen in den USA erwartet, könne sich Musk kaum um Tesla kümmern. Musk ist heute einer der wichtigsten Berater des neuen Präsidenten und hat eine einflussreiche Rolle bei der Gestaltung der US-Politik und -regulierung. Beim Thema E-Mobilität konnte Musk seine unternehmerischen Interessen nicht durchsetzen. Trump ist ein harter Befürworter fossiler Energien. „Spannend wird sein, wie sich Tesla mit der neuen Ausrichtung der amerikanischen Politik bezüglich der Verbrenner verträgt“, ergänzt Schwope. Trumps Motto lautet: „Drill, Baby, drill!“ 

„Musks Technik-Esprit ist verpufft“, konstatiert Dudenhöffer für Tesla. Musks Roboter-Story könne seine Glaubwürdigkeit nicht mehr retten. „Die KI-Nebelkerzen, die er jetzt zündet, dienen allein dazu, vom Ende der Wachstumsgeschichte abzulenken.“

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.