Biologie: "Zombie-Spinnen": Bislang unbekannter Pilz manipuliert Achtbeiner

In Irland haben Forschende eine neue Pilzart entdeckt. Sie manipuliert Spinnen – und tötet sie dann

Feb 4, 2025 - 22:43
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Biologie: "Zombie-Spinnen": Bislang unbekannter Pilz manipuliert Achtbeiner

In Irland haben Forschende eine neue Pilzart entdeckt. Sie manipuliert Spinnen – und tötet sie dann

Spinnen, die in Höhlen leben, sind eigentlich nichts Besonderes. Es gibt sie überall in Europa. Doch die Spinne, die ein Filmteam 2021 in Irland fand, war außergewöhnlich. Sie hing gut sichtbar an der Decke einer Höhle – und war von einem Pilz überwuchert. Die Entdeckung gelang eher zufällig, bei Dreharbeiten eines Teams des britischen Senders BBC in Nordirland. Bei der Bestimmung des Pilzes zeigte sich: Die Art war bislang unbekannt.

Der Fund dokumentiert eine schaurig anmutende Überlebensstrategie: Während andere Pilze sich von totem Pflanzenmaterial ernähren, besiedeln bestimmte Arten lebende Organismen. Die Pilze wachsen im Inneren des infizierten Wirts heran – und töten ihn schließlich, indem sie ihn komplett überwuchern. Doch zuvor sorgen sie noch dafür, dass sich ihre Sporen optimal in der Umgebung verbreiten können. Indem sie ihren Wirt dazu bringen, in eine exponierte Position zu krabbeln.

Ins Netz gegangen

Die Forscher tauften den Pilz auf den wissenschaftlichen Namen Gibellula attenboroughii – zu Ehren des Tierfilmers Sir David Attenborough. Genetische Untersuchungen und Recherchen in den Sammlungen von Museen weisen darauf hin, dass auf den britischen Inseln noch weitere Arten von Pilzen aus der Gattung Gibellula auf ihre Entdeckung warten.

Pilze manipulieren ihre Wirte mit Stoffwechselprodukten

Ihre Rolle bei der Ausbreitung der Spinnen müsse nun weiter untersucht werden, schreiben die Autorinnen in ihrer Studie – ebenso wie die Stoffwechselprodukte, die es ihnen ermöglichen, eine so spezifische ökologische Nische zu besetzen.

Im Endstadium überwuchert der Pilz seinen Wirt vollständig. Und bildet Fruchtkörper mit Sporen aus
Im Endstadium überwuchert der Pilz seinen Wirt vollständig. Und bildet Fruchtkörper mit Sporen aus
© CABI

Auf den Pilz aufmerksam wurden Fachleute durch die Dreharbeiten zu der BBC-Fernsehserie "Winterwatch" im Jahr 2021. Eine infizierte Spinne an der Decke eines alten, unterirdischen Lagers für Schießpulver in Nordirland konnten sie als Kleine Höhlenspinne (Metellina merianae) identifizieren. Die Art kommt überall in Europa vor und lebt überwiegend in Höhleneingängen, aber auch in hohlen Bäumen. Zu ihrem Nahrungsspektrum gehören andere Höhlenbewohner: kleine Mücken, Asseln und Tausendfüßer.

Pilze mit vergleichbaren Ausbreitungs- und Überlebensstrategien sind auch aus dem Reich der Insekten bekannt. So nutzt die Gattung Ophiocordyceps bestimmte Ameisenarten, um sich zu ernähren und zu verbreiten: Infizierte Ameisen verbeißen sich kurz vor ihrem Tod in Blätter und schaffen so perfekte Bedingungen für die Entwicklung des Fruchtkörpers. Offenbar manipulieren die Pilze ihre Wirte auch mithilfe von chemischen Substanzen. In Kulturen solcher Pilze fanden sich bespielsweise verhaltensverändernde Substanzen wie Dopamin.ameisen bandwurm artikel

Pilze manipulieren ihre Wirte schon seit Jahrmillionen zu ihrem eigenen Vorteil. In Versteinerungen aus der Grube Messel bei Darmstadt haben sich 48 Millionen Jahre alte Überreste von Ameisen erhalten, die sich in Blättern verbissen hatten.